Stubenmusi für die weite Welt
Die „Wellküren“ spielen den „Abendlandler“
Süddeutsche Zeitung vom 12. Juni 2018
Von Thomas Becker
Ein Abend mit den Wellküren: eine Schweinsgaudi und lehrreich noch dazu. 50 Jahre lang war man davon ausgegangen, dass in „Spiel mir das Lied vom Tod“ eine Mundharmonika jault. Im Lustspielhaus stellt sich nun heraus: Beschiss! Ennio Morricone hat uns veräppelt! Eine Nonnentrompete war’s, auch Trumscheit genannt. Mal federleicht, mal grässlich schnarrende Töne, früher oft von Nonnen gespielt, weil diese keine Blasinstrumente spielen durften. So wie auch die Madln im Hause Well Tuba & Co. den Buam überlassen und sich mit Stubnmusi begnügen mussten. Davon haben sich Moni, Burgi und Bärbi in 32 Bühnenjahren längst emanzipiert und neben Hackbrett, Harfe, Gitarre und Steirischer auch Tuba, Ukulele und Saxofon in Betrieb. Die Liebe zur Stubnmusi ist geblieben, in der Gründung der Stugida-Bewegung (Stubenmusik gegen die Idiotisierung des Abendlandes) kulminiert und sollte, wenn es nach den Wellküren geht, überall zum Einsatz kommen: „Regierungsbildung? Hockt’s eich zur Stubnmusi zsam!“ Auch Putin soll sich mal hinter die Harfe klemmen – ein schönes Bild.
„Abendlandler“ heißt das 14. Programm des Volxmusik-Trios, aufgenommen in Monis zum Studio umgebauten Wohnzimmer. Glockenklarer bayerischer Dreigesang, eine Variante von Mozarts A-Dur Klaviersonate, die Nina-Simone-Hommage „Mei Oida, der schaut auf mi“, Gefühliges über die Maratonga-Bar („Hier treffen Überlebende auf Hinterbliebende“) und immer wieder herrliche Schoten wie die vom schottischen Vorfahren MacWell, der in der Highlanderband „Earlgreythemumblecores and the oldiegoodyman of Shamrock“ spielt – bis ihn Macbeth in den Loch Ness schubst. . .
Bei aller Gaudi sind die Damen politischer geworden, klingen zuweilen wie die Biermösl Blosn, eine Oktave höher, aber kein Gramm weniger böse. Dobrindt? Aufs Maul! Söder? Erst recht! Alice Weidel? „Manche haben Haare auf den Zähnen – bei der hat jeder Zahn eine eigene Frisur!“ Ewig schade, dass nach zwei Stunden Zeit für die Zugaben ist: Simsalabimbambasaladusaladim und „Kimmt schee hoamli de Nacht“, das Lieblingslied der Eltern. Denen den allerherzlichsten Dank für all die tollen Musikantenkinder!
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