Jodeln gegen die Idiotie
Foto: Toni Heigl (SZ)
„Jodeln gegen die Idiotie“ – eine schöne und vor allem eine gut geschriebene Kritik über unseren Auftritt im Karlsfelder Bürgehaus von Anca Miruna Dunga in der Süddeutschen Zeitung vom 5.12.2016:
Mit scharfen, politischen Kommentaren und acht Instrumenten begeistern die Wellküren die Karlsfelder
Stubenmusik gegen die Idiotisierung des Abendlandes, kurz: Stugida – so lautet die Kampfansage der Wellküren am Freitagabend im Bürgerhaus Karlsfeld. Und was für eine Kampfansage sie an das Publikum machen! Wo Richard Wagner noch neun Frauen für seine Walküren einsetzte, sind es hier lediglich drei zarte Schwestern, die den vollen Saal zum Toben bringen. Burgi, Bärbi und Moni sind Naturgewalten. Seit diesem Jahr touren sie mit ihrem Jubiläumsprogramm zum 30-jährigen Bestehen, machen dabei vor nichts und niemandem Halt und beziehen sehr eindeutig politische Position.
Frauke Petry? Die AfD-Bundessprecherin habe nicht nur Haare auf den Zähnen, „da hat a jeda Zahn a eigne Frisur“! Der neu gewählte US-Präsident Donald Trump sei schlicht ein Trampel, Neu-Englisch: Trumpel. Der bayerische, manchmal rüpelige Ministerpräsident Horst Seehofer habe nix in der Hose – daheim auf wild brüllenden Löwen machen, in Berlin aber zum kuschenden Kätzchen mutieren. Bundeskanzlerin Angela Merkel sei wahrlich nicht zu beneiden. Und sollten die, die in letzter Zeit durch die Straßen laufen und herumbrüllen, sie wären das Volk, wirklich zum Volke werden, dann, so prophezeien die Schwestern Monika, Burgi und Barbara Well, werden wir alle zu Flüchtlingen.
Lachen, auch wenn’s weh tut, ist eine wichtige Zutat im wellkür’schen Erfolgsrezept. Großmütig machen sie immer wieder auch sich selbst zum Gegenstand schärfsten Spotts. Dass das Leben als Teil der 17-köpfigen Volksmusikantenfamilie Well aus Günzlhofen bei Fürstenfeldbruck nicht nur ein Zuckerschlecken war, lassen die Schwestern immer wieder durchscheinen. Auffallen, sonst geht man im Gewusel unter. Es ist ein herrliches Vergnügen, zuzuschauen, wie schwesterliche Rivalitäten sowohl verbal als auch musikalisch auf der Bühne ausgetragen werden. „Unsere Bärbi ist ja studierte Diplom-Sozialpädagogin. Seitdem sie dabei ist, haben wir drei gar keine Probleme. Wir sprechen sie an, bevor sie überhaupt existieren.“ Oder: „Der Moni ihr Mo hat in den letzten 25 Jahren wenn’s hoch kommt insgesamt zwei Stunden mit ihr geredet. Sie glaubt, es läge an seiner dominanten Mutter.“ Die etwa 450 Zuschauer im Saal jubeln vor Begeisterung. Treffsicher, ein bisschen böse, dabei aber immer charmant, verteilen die Wellküren Seitenhiebe auf die Erscheinungen der modernen Gesellschaft. Jeder kennt sie, die Life-Style-Mamis, die zum Yoga und Zumba rennen: „dahoam hobn’s an Thermomix, aber kochen können’s nix!“
Denn immer wieder wird man im Publikum Zeuge dessen, was die Wellküren in ihren Liedern besingen: die notorische Trantütigkeit der männlichen Spezies. Die bleibt nämlich häufig sitzen, wenn Frau aufspringt und wild im Takt klatscht. So ganz geheuer sind ihm die bayerischen Feministinnen dann doch nicht. Mitleidsvoll blickt die Ehefrau zu ihm herunter, ihm ist eben einfach nicht zu helfen. Bis zur Zugabe: Da hält auch den Mann nichts mehr zurück, er klatscht und pfeift und vergisst sich für einen Augenblick. Die Wellküren kriegen sie alle.
Von Anca Miruna Dunga
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