Reutlinger General-Anzeiger: Mit Harfe, Hackbrett und Biss

Reutlinger General-Anzeiger

Reutlinger General-Anzeiger vom 15.Februar 2016

VON JAKOB FUCHS

 

REUTLINGEN. Einen starken Auftakt haben sie aufs Parkett gelegt, die 41. Reutlinger Mundart-Wochen. Zu Beginn der diesjährigen Veranstaltungsreihe lud Veranstalter Wilhelm König von der Mundartgesellschaft Württemberg die Wellküren aus Bayern auf die Bühne im ausverkauften Volksbank-Foyer und sorgte für ein Volksmusik-Kabarett der Extraklasse.

Die Schwestern der mittlerweile aufgelösten Gruppe Biermösl Blosn treten seit 30 Jahren gemeinsam auf. Und schlussendlich hätte die Welt Moni, Burgi und Bärbi wirklich viel zu verdanken: »Wackersdorf – durch uns verhindert. Die Pille danach ohne Rezept – uns zu verdanken. Franz Joseph Strauß – durch uns gestoppt.« Nach so vielen

Erfolgen könnte man sich ja guten Gewissens auf Altersteilzeit reduzieren. »Aber nein, da kommen die Flüchtlinge und Pegida – da müssen wir weitermachen.«

Die Wellküren

haben sich ganz »Stugida« verschrieben: »Stubenmusik gegen die Idiotisierung des Abendlandes.« Überhaupt hilft Stubenmusik eigentlich immer: »In der Pubertät, in den Wechseljahren und sogar als Empfängnisverhütung.« Die drei Volksmusikerinnen rückten mit einem ganzen Sack voller Instrumente an und kredenzten bayerische Stubenmusik vom Feinsten, gepaart mit Wortwitz, Selbstironie und Bissigkeit.

Lifestylemütter und Luxusbischof

In dem gut austarierten Programm bekommen die »Lifestyle-Mütter« genauso ihr Fett weg (»Man ist schon privilegiert, weil man sich reproduziert. Die geh’n zu Zumba und Tanz und diskutieren über Gluten und Laktoseintoleranz.«) wie der ehemalige Limburger Bischof Tebartz van Elst (»Der hat eine freistehende Badewanne für 15  000 Euro! Wozu braucht denn das schwindsüchtige Mannl eine freistehende Badewanne?«). Über Ehemänner im gesetzten Alter: »Wenn die am Samstag auf dem Sofa sitzen und Fußball schau’n, denken die, sie machen Sport. Im Jogginganzug. Ballonseide. Wenn’s dann in Rente sang, hockens da.« Oder die besorgten Bürger der »Pegida«-Bewegung: »Diese vom Staat versorgten Bürger denken jetzt, sie seien das Volk und müssten die deutschen Frauen beschützen. Ausgerechnet die! Wenn die das Volk sind, sind wir Flüchtlinge!« Und überhaupt »zieht ja schon unser Horst für den Gottesstaat in den bayerischen Dschihad, und Jungfrauen gibt’s bei uns schon vor dem Tod.«

Jede der Schwestern füllt ihre Rolle konsequent aus. Burgi hätte ohne ihre Naturmedizin in Form von Globuli den Abend sicherlich nicht überstanden. Das Nesthäkchen Bärbi kokettiert mit ihrer Einfältigkeit und schäkert mit den Herren der ersten Reihe. Und Lead-Frau Moni steht so unter Strom, dass sie schon mal mit einem leichten Klaps auf den Hinterkopf vom Hackbrett getrennt werden muss.

Überhaupt werden mit Posaune, Saxofon, Trompete, Tuba, Gitarre, Hackbrett, Harmonika und Nonnengeige schwere instrumentale Geschütze aufgefahren, in deren Sound die Wellküren ihre Bissigkeit so galant verpacken, dass das Zuhören ein Genuss ist. Oft schaffen es die Schwestern, das Publikum singend und klatschend mit einzubeziehen – »die folgen uns scho!« (GEA)

Zum Original

Tags:

Bisher keine Kommentare.

Schreibe einen Kommentar

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner