Bayern 2 radioSpitzen: Wellküren in Aschaffenburg

Bayern 2 radioSpitzen: Wellküren in Aschaffenburg

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Bayerischer Rundfunk: Aufzeichnung der »Radiospitzen« mit Lars Reichow, Vince Ebert und Wellküren im Aschaffenburger Hofgarten

Aus­schau­en darf je­der wie er will, am ver­gan­ge­nen Frei­tag Abend im Aschaf­fen­bur­ger Hof­gar­ten-Ka­ba­rett beim Li­ve­mit­schnitt des Baye­ri­schen Rund­funks. Wich­tig für die Auf­zeich­nung der »Ra­dio­spit­zen« sei in­ten­si­ver Ap­plaus, er­klärt Mo­de­ra­tor Lars Rei­chow und lässt gleich mal üben. Klat­schen klappt auf An­hieb – und los geht das Ra­dio­pro­gramm zum Zu­schau­en, ne­ben Rei­chow mit Vin­ce Ebert und den Well­kü­ren.

Auch ohne Einweisung hätte das Publikum geklatscht wie verrückt. Sowohl Reichow, der nicht nur launig durchs Programm führt, sondern sich auch elementar einbringt, lässt den Zuschauern kaum einen Moment des Innenhaltens. Der Musikkabarettist jongliert mit Worten – kleine Seitenhiebe gegen die Briten am Abend des Brexits inklusive – wie mit Klaviertasten.
Wohldosiertes Eigenlob
Der 52-Jährige bringt die Dinge auf einen oft unerwartet komischen Punkt, untermalt seine Ausführungen lässig mit wohldosiertem Eigenlob – und der Applaus könnte frenetischer kaum sein. Bayern 2 Hörer werden sich im Juli davon überzeugen dürfen.
Vor der Pause Teil eins mit Auszügen aus den jeweiligen Künstler-Programmen, nach der Pause weiter mit diesem Erfolgsmodell. Bei Reichow kommen zu den fein-ironischen Texten die Lieder, bei Vince Ebert zur Naturwissenschaft der Humor, und bei den Wellküren – Moni, Burgi und Bärbi aus dem tiefen Bayern – trifft die Stubenmusik auf Satire und Politikerschelte.
Alle Künstler sind keine Unbekannten am Untermain, besonders nicht Ebert, der gebürtige Amorbacher. Nach Oskar Lafontaine und Angela Merkel der dritte Physiker in Kabarett und Comedy, wie er erklärt. Sein Fokus liegt auf der Wissenschaft in Theorien und Praxis. Ein Themenspektrum, dem er mit Bravour das Vorurteil raubt, unendlich trocken zu sein.
Ebert kombiniert Fakten mit Witz und Humor, stellt zwischendurch gerne den ein oder anderen fantasievollen Zusammenhang her und unterfüttert seine Ausführungen mit plakativen Beispielen, die sich gerne bis ins Absurde schrauben. Das ist dann vielleicht nicht mehr ganz wissenschaftlich, immerhin steht Ebert ja auf einer Kabarettbühne und nicht vor einer Schulklasse, dafür aber komisch und einprägsam.
Anders, aber nicht minder unterhaltsam: die drei Schwestern aus Oberschweinbach mit Stubenmusik – ein Mittel gegen die »Idiotisierung des Abendlandes« -, Protestsong und Nonnentrompeten. Die Wellküren kommen nicht nur aus einer 17-köpfigen Familie, sondern auch aus einer sehr musikalischen. Ihre Brüder, das waren die Biermösl Blosn.
Seit beinahe 30 Jahren stehen die Schwestern auf der Bühne, verbinden Wort und Witz mit Gesang und Volksmusik, zumindest vom Ausgangspunkt her. Denn was die drei Frauen mit Blech- und Saiteninstrumenten so zaubern, entpuppt sich als Stilpotpourri, unkonventionell und von hoher Perfektion. Herrlich schräg und überaus komisch, was sie sich und der Welt zu erzählen haben.
Moni (Monika Well-Hösl) redet und spielt sich gerne in Rage, schließlich muss sich das Nesthäckchen der Familie Well ein Leben lang schon Gehör verschaffen. Burgi (Notburga Well) offenbart bald, was da faustdick hinter der braven Schale steckt und Bärbi (Barbara Well-Pixis) hält beruhigend die passenden Globuli parat.
Gelungene Künstlermischung
Es wird ein langer Abend, denn von den Künstlern, von dem gelungenen Mix der Kabarett-Facetten mag man nicht genug bekommen. Egal ob Lars Reichow ein Liebeslied intoniert oder über den Duschzwang Pubertierender philosophiert, ob Ebert pointiert die Evolution erläutert unter Einbeziehung des »Fuck-and-go«-Prinzips und anderer Thesen, oder die Wellküren einfach mal über den Wunsch nach Ruhe singen, die Zuschauer in den voll besetzten Hofgartenreihen sind begeistert.
Tröstlich: Der Abend wird bald im Radio zu hören sein. Außerdem kommen Reichow, Ebert und die Wellküren mit ihren kompletten Programmen vor Jahresfrist nach Aschaffenburg.
Martina Jordan

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